Mit dem Cupra Formentor VZ5 auf dem Red Bull Ring: Wie viel Rennstrecke hält ein Straßenfahrzeug aus?
Wer mit seinem Straßenauto auf die Rennstrecke fährt, der verbreitet Freude - hauptsächlich in seiner Werkstätte. Dreimal von 200 auf Stillstand geankert, und die Bremsen sind kahlrasiert wie Navy Seal Soldaten. Es gibt aber Ausnahmen. Eine davon ist der Cupra Formentor VZ5.
Text: Patrick Aulehla | Fotos: Cupra
626 Meter lang ist die Start-Ziel-Gerade des Red Bull Rings in Spielberg. 626 Meter, die durchgerissen werden, mit der Drosselklappe offen und dem Pedal auf Anschlag. Wer im 390 PS starken Cupra Formentor VZ5 aus der 10er-Kurve Schwung mitnimmt, der knackt die 200er-Marke mit Leichtigkeit - und dann wieder Anschlag, und zwar auf der Bremse. Im Grunde passiert auf einer Rennstrecke alles auf Anschlag - das Beschleunigen, das Verzögern, das Lenken und das Denken. Konzentration auf die Ideallinie, spät auf die Brems und früh aufs Gas, die Reifen ständig an der Haftungsgrenze. Wer glaubt, dass Postler-Autos ordentlich hergerissen werden, der möge mit seinem Auto einen Trackday besuchen.
Dass uns Cupra bei den Performance Days mit dem Formentor VZ5 auf den Red Bull Ring loslässt, hat mich also einigermaßen überrascht. Der Formentor ist ein SUV, und obwohl sich der Begriff Sport in deren Bezeichnung versteckt, sind sie hauptsächlich: höher, schwerer, langsamer. Dachte ich zumindest – und so kann man sich täuschen.
Keine Gnade mit dem Material
Die erste Überraschung: Wir fahren nicht zwei, drei oder vier Runden am Stück, sondern sieben oder acht – ein Aufwärm- und ein Cool-Down-Lap eingeschlossen. Die Autos müssen auch nicht bloß einen Stint erleiden, sondern bekommen den ganzen Tag lang auf die Nuss – von 10 Uhr am Vormittag bis 16 Uhr am Abend. Und: Das Vorausauto wird von Patrick Friesacher pilotiert, einem ehemaligen Formel 1 Piloten, keinem Kind von Traurigkeit. Selbstvertrauen haben sie bei Cupra, das muss man ihnen lassen.
Bremsen, Lenken, Gas geben. Klingt aus dem Mund eines Ex-Formel 1 Fahrers leichter als es ist.
In der ersten Runde führt uns Patrick noch an der Ideallinie lang, zeigt uns die Einlenk- und die Bremspunkte. „Kennt’s euch aus? Ja? Dann geh‘ ma's an.“ Mit dem Schonprogramm ist nach zehn Kurven Schluss – auf der Start-Ziel-Geraden zieht Patrick durch und ich hinterher. Der Fünfzylinder brüllt, der Tacho rotiert - weit über 200 km/h stehen auf der Uhr. Dann Anker werfen, die Gänge bis in die Zwei hinunterprügeln, sauber einlenken, Scheitelpunkt, und wieder aufs Gas. Dass der Asphalt sich zur Dreierkurve hinauf ordentlich hebt, beeindruckt den Formentor wenig – wieder stehen über 200 km/h auf dem Tacho. Und wieder voll in die Eisen, wieder zweiter Gang, wieder voll aufs Gas. Der Red Bull Ring ist eine Vollgasstrecke – jede Runde eine Zerreißprobe fürs Material, vor allem für die Bremsen.
Die dynamische Dreifaltigkeit: Bremsen, Fahrwerk, Leistung
Dass die Anker nach fünf Hot Laps noch immer greifen, ist Akebono zu verdanken. Der japanische Bremsenspezialist schraubt eine 6-Kolben-Anlage mit belüfteten 375er-Scheiben in die vorderen Radhäuser des VZ5, 310 Millimeter sind es an der Hinterachse. Eine Kombination, die sich als äußerst standfest erweist, obwohl fast 1,7 Tonnen nach vorne schieben. Und Schub gibt es mehr als genug: Der aus Audi RS3 oder TT RS bekannte Fünfzylinder-Turbo schickt 390 PS und 480 Nm an alle vier Räder, was übersetzt in bekannte Werte bedeutet: 4,2 Sekunden von Null auf Hundert und 250 km/h Spitze. Elektronisch abgeregelt, versteht sich.
Überhaupt ist der Gesamteindruck des VZ5 ein unerwartet guter. Das Sportfahrwerk zwingt die SUV-Karosse präzise in die Kurven, erst im Grenzbereich schiebt der Formentor vorne drüber. Wer ihn mit Schmackes in enge Kehren wirft und am Ausgang beherzt auf den Stempel tritt, der kann sogar einen Powerslide provozieren, was allerdings nur auf abgesperrten Strecken ratsam ist. Dafür braucht es Lastwechsel und Brachialgewalt, und im Graben auf dem Dachträger liegend, hilft auch der Allrad beim Herauskommen nicht.
Wie belastbar der Formentor VZ5 ist, zeigt auch, dass es während des gesamten Tages nur einen einzigen Aussetzer gab. Beim Anbremsen auf Kurve 3 hat das DSG-Getriebe für einen Moment den Dienst verweigert. Boxenstopp war keiner nötig – nach wenigen Sekunden gingen die Gänge wieder rein.
Mit Performance Days als Veranstaltungstitel hat Cupra rückblickend nicht übertrieben. Im Gegenteil: Die Fähigkeiten, die der Formentor VZ5 auf dem Red Bull Ring bewies, haben mich überrascht, im ausschließlich positiven Sinne. Viel Leistung, gute Bremsen, ein präzises Fahrwerk, ein für ein SUV überdurchschnittlich sportliches Fahrverhalten und eine Standfestigkeit, von der sich mancher Sportwagen eine Scheibe abschneiden kann. Der einzige Wehrmutstropfen: Die 390 PS starke VZ5-Variante hat ihren Preis. Während der Normalo-Formentor bereits ab 33.000 Euro vom Händler abzuholen ist, kostet der einzig verfügbare VZ5-Neuwagen in Österreich 87.500 Euro. Autsch.
Cupra Formentor VZ5 2,5 TSI: Technische Daten, Preis, Leistung, Gewicht, Verbrauch
Testwagenpreis: € 87.500 brutto (Basispreis Cupra Formentor: ab € 33.000,00)
Bestellbar: Ab sofort (Konfigurator)
Motorleistung: 390 PS
Drehmoment: 480 Nm
0-100 km/h: 4,2 sek.
Vmax: 250 km/h
Leergewicht: 1.683 kg
Kofferraum: 410 - 1.465 Liter
Länge/Breite o.S./Höhe: 4.468/1.852/1.505 mm
Verbrauch (WLTP): 9,3 Liter/100 km
CO2 (WLTP): 212 g/km
Ganz kurz: Der Cupra Formentor VZ5 2,5 TSI ist eine Sonderversion des beliebten Cupra-SUV. Der 390 PS und 480 Nm starke Fünfzylinder-Turbomotor stammt aus dem Audi-Regal und beschleunigt den Cupra in Sportwagen-verdächtigen 4,2 Sekunden von Null auf Hundert. Dank Akebono-Bremsanlage, Sportfahrwerk und Sportreifen ist der VZ5 sogar auf der Rennstrecke ausdauernd, zuverlässig und schnell unterwegs. Das hat aber seinen Preis: Über 80.000 Euro kostet der Formentor mit Fünfzylinder.
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