Defender 130 D250 2024 Test: Verteidigt acht Personen gegen äußere Einflüsse
Das Besondere am Land Rover Defender 130 ist nicht, dass er gut im Gelände fahren kann. Das kann jeder Defender. Besonders ist, dass er das mit bis zu acht Personen macht.
Text: Patrick Aulehla | Fotos: Land Rover
Malen wir vor unserem geistigen Auge folgendes Bild: Wir sind Hotelbesitzer in den Bergen, im Sommer wie im Winter brummt das Geschäft. Unser Angebot geht weit über das Schlafen hinaus - wir bieten zum Beispiel geführte Wanderungen zu malerischen Gipfeln an, wir shuttlen unsere Gäste in die Stadt oder zum Bahnhof hinunter, und wir holen sie ab, wenn sie beim Dorfwirten ins Schnapsfassl fallen.
Oder: Wir sind eine Outdoor-affine Familie, die mit ihren drei Kindern gerne Ausflüge auf Achse unternimmt. Wenn nicht gerade die Kajaks oder die Mountainbikes mitfahren, dann sind auch Freunde dabei herzlich willkommen. Und natürlich: Wir wollen ganz einfach einen lässiges Vollwertauto fahren, mit dem man auf so ziemlich alles vorbereitet ist. Ob das nun lange Autobahn-Etappen sind, oder der gewaltige Wintereinbruch in den Tiroler Alpen.
Komme, was wolle. Teil eins: 5,36 Meter Länge, bis zu 2.516 Liter Kofferraumvolumen, 600 Newtonmeter Drehmoment, 3.000 Kilogramm Anhängelast.
Fest steht: Ein Land Rover Defender ist cool. Ganz besonders cool in der hier zu sehenden langen 130er 8-Sitzer-Variante, die ihn als Shuttle-Alternative zum durchgewalkten Bus prädestiniert, als flexibles Familienfahrzeug, als lässiges Lifestyle-Statement. Komme was wolle, wir kommen durch. Um diese romantischen Vorstellungen in die Realität umzusetzen, gilt es allerdings zwei Voraussetzungen zu erfüllen. Das ist einerseits das Bezahlen, und andererseits das Verfügen über einen passenden Stellplatz. Mit einem Österreich-Basispreis von 121.990 Euro ist der Defender 130 kein Schnäppchen, und mit einer Länge von 5,36 Metern inklusive Reserverad auch nicht einfach einzuparken. Zum Vergleich: Ein Bentley Flying Spur misst 5,32 Meter, ein Range Rover schafft es in der langen Variante gar nur auf 5,25 Meter.
Kann man mit diesen Einschränkungen umgehen, dann bleibt ein hingebungsvoller Begleiter übrig, mit dem man für jeden Anlass bestens eingekleidet ist. Dazu zählen freilich sämtliche Outdoor-Events, bei denen ein Defender grundsätzlich am oberen Ende der Nahrungskette residiert. Im Gelände ist er noch immer eine Macht - dafür stehen der obligatorische Allradanrieb, das untersetzbare Getriebe, die Differenzialsperren in der Mitte und hinten, das adaptive Luftfahrwerk und selbstverständlich das Terrain Response System ein. Letzteres bietet sechs Modi zur Vorauswahl an: Auto, Schnee/Eis/Gras, Schotter/Steine, Sand, Schlamm/Spurrillen und Felsen. Das reicht bis zum Wilden Kaiser hinauf. Außerdem kann das Fahrwerk auf bis zu 291 Millimeter Bodenfreiheit angehoben werden, die maximale Watttiefe beträgt dann 900 Millimeter. Weniger Offroad-versierte Fahrer greifen auf einen Offroad-Tempomaten, eine Bergabfahrhilfe und die ClearSight Ground View-Funktion zurück, mit denen der Defender mehr oder weniger selbstständig durch die Prärie flaniert.
Komme, was wolle. Teil zwei: Untersetzung, zwei Sperren, 900 Millimeter Watttiefe, Terrain Response System, Luftfahrwerk.
Ebenso gut fährt der Defender auf normalen Straßen. Das sanfte Luftfahrwerk schluckt Unebenheiten souverän weg, in den Kurven gleicht die Wankstabilisierung die 2.627 Kilogramm Leermasse aus. Der Komfort erinnert mehr an eine Limousine als an einen Geländewagen - auch der hervorragenden Akustik wegen: Selbst bei Marschgeschwindigkeit 130 kann man mit dem Beifahrer flüstern, trotz der gewaltigen Spiegel dringen Windgeräusche kaum in den Innenraum durch. Der von uns gefahrene 250 PS starke 3,0 Liter Twinturbo-Diesel hält sich ebenfalls angenehm zurück - sogar an der Tankstelle. Knapp unter neun Liter Durchschnittsverbrauch sind ob der Größe mehr als ok. Kraft hat er dagegen reichlich: Dank 600 Nm Drehmoment geht der Defender nicht nur artig vorwärts (8,9 Sekunden von Null auf Hundert, 188 km/h Höchstgeschwindigkeit), er nimmt auch bis zu 3.000 Kilogramm Anhängelast an den Haken.
Zur feinen Abendveranstaltung passt ein Defender ebenfalls gut. Immerhin tritt er seit 2020 relativ zurückhaltend auf - zumindest, was seine Geländefähigkeiten betrifft. Wer einen Defender fährt, ist nicht mehr allem Anschein nach Förster, sondern stilbewusst, retroschick und mit allen Wassern gewaschen. Relativ zurückhaltend suggeriert der Defender außerdem, dass sein Fahrer nicht nur off road sehr kreditwürdig ist, sondern ganz allgemein. Wir erinnern uns: Einhundertzweiundzwanzigtausend Euro Basispreis.
Platz genug, vorne wie hinten. Materialgüte und Verarbeitung passen. Das Innenraum-Design ist ergebnisorientiert.
Woran man sich beim Defender 130 stören könnte: Am Innenraum-Design, wenn man das Geländedings nur nach außen darstellen möchte. Bei den Materialien wird mehr auf Robustheit als auf verspielte Formen gesetzt, womit Land Rover die Geländewagen-Historie geschmackvoll trifft. Jene, die sich eine Lounge wie in einem Range Rover erhoffen, werden allerdings enttäuscht. An der Tankrechnung, wenn man nicht auf 90 Liter Füllvolumen vorbereitet ist. Und an der seitlich öffnenden Hecktüre mit Reservereifen, die nicht nur schwer, sondern auch ziemlich riesig ist. Andererseits: Wie sonst soll sie sein, bei einem 5,36 Meter langem Auto?
Was wir gut finden: Die Gleichgültigkeit gegenüber dem Untergrund, das Platzangebot und Ladevolumen, das weiche Fahrwerk, die vielen Möglichkeiten, die wir wahrscheinlich niemals ausloten werden.
Was wir nicht so gut finden: Den Preis. Das Fahren und das Einparken in der Stadt.
Man kauft ihn, weil: Man ein Fahrzeug für alle Eventualitäten braucht, das sehr viel sehr gut, und nichts sehr schlecht macht.
Land Rover Defender D250 X-Dynamic SE (2024): Technische Daten, Österreich-Preis, Leistung, Gewicht, Verbrauch, Reichweite
Testwagenpreis: € 132.383,00 brutto (Basispreis: € 121.990,00)
Bestellbar: Ab sofort (Konfigurator)
Maximale Leistung: 183 kW / 249 PS
Drehmoment: 600 Nm
0-100 km/h: 8,9 sek.
Vmax: 188 km/h
Verbrauch (WLTP): 8,7 Liter/100 km
CO2-Emission: 229 Gramm/km
NoVA: 26 %
Leergewicht: 2.627 kg
Kofferraum: 1.329 - 2.516 Liter
Abmessungen Länge (inkl. Reserverad)/Breite o.S./Höhe: 5.358/2.008/1.970
Nutzlast: 753 kg
Anhängelast gebremst/ungebremst: 3.000 kg/750 kg
Bodenfreiheit unbeladen: 218 - 290 mm
Böschungswinkel vorne/hinten: 37,5°/28,5°
Rampenwinkel: 27,8°
Watttiefe: 900 mm
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