Porsche Drive Your Dreams: 75 Jahre Sportwagen-Kult
In der heutigen Porsche-Sonderausgabe des Redaktionstagebuchs:
- Wir besuchen das Porsche Drive Your Dreams Event
- Wir fahren 718, Macan, Cayenne, Panamera, Taycan, 911 Turbo S.
- Und: Wir fahren den neuen Porsche 911 GT3 RS
Text: Patrick Aulehla | Fotos: Porsche
Träume sind schön, aber sie haben ein Problem: Wahr werden sie nur in den seltensten Fällen. Besonders dann, wenn man nächtens von edlen Sportwagen fantasiert. Die Marke Porsche ist da grundsätzlich keine Ausnahme. Die Exklusivitätsspirale dreht sich von 718 über Macan, Taycan oder Panamera bis hin zum (derzeitigen) Endgegner-Elfer GT3 R.S. in schwindelerregende Höhen, und mit exklusiv meinen wir nicht nur das finanzielle Transaktionsvolumen: So einen GT3 R.S. schraubt das Werk nicht jeden Tag zusammen, neben Geld müssen die Kunden auch Geduld mitbringen.
Ich habe weder Geld noch Geduld, aber offensichtlich Glück. Diese Zeilen schreibe ich euch nämlich aus einem Seminarraum des Salzburgrings, in dem soeben die Pressekonferenz zum Porsche Drive Your Dreams Event startet. Anlässlich ihres 75 Jahre Jubiläums hat die Marke ihr gesamtes Modellportfolio auf der Rennstrecke zusammengezogen, um einige Journalisten damit auf die umliegenden Landstraßen loszulassen. Hermann Prax, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei Porsche, geleitet uns durch das heutige Gala-Déjeuner: Zur Auswahl stünden ein 718 Cayman T, ein 718 Boxster, ein Macan GTS, ein Cayenne und ein Cayenne S Coupé, ein Taycan 4S, ein Taycan GTS und ein Taycan Turbo S, ein Panamera 4S e Hybrid, ein 911 Turbo S und - jetzt bitte festhalten - ein 911 GT3 R.S. Letzterer wird uns sogar doppelt begegnen: Nach der Testfahrt auf der Straße werden wir an den Beifahrersitz eines Instruktors geschnallt, um ein Hotlap rund um den Salzburgring zu verdauen. Man möchte den Rahmen des Möglichen schließlich ganz darlegen. Und damit ist klar: Heute werden Träume wahr.
Helmut Eggert, Porsche Österreich Geschäftsführer (li), richtet sich mit einer Bitte an uns: "Wir haben einen angemeldeten GT3 R.S. im Land. Bringt's uns den nach Möglichkeit in einem Stück zurück".
Bevor ich mich hineinstürze in den Wahnsinn des Zuffenhausener-Sportwagenbaus, rufe ich mir mein eigenes Motto ins Gedächtnis. Man pflückt nicht gleich die Kirsche von der Torte. Langsam auf der Leiter hoch, aufsteigend durchs Modellprogramm. Den Über-Elfer heben wir uns für den Abschluss auf. Wir beginnen den Tag im 718 Cayman.
Die Speisekarte, von der ich aus Zeitgründen und schweren Herzens nur sechs Gänge auswählen konnte. So das Glück mir wohlgesonnen bleibt: to be continued.
Porsche 718 Cayman
Der Einstieg auf der verhältnismäßig moderatesten Sprosse verhilft mir nach wenigen Meter zu folgendem Einblick: Mehr als das braucht es für die Straße nicht (es geht aber mehr, siehe weiter unten). Der Zweiliter-Vierzylinder-Boxer mit 300 PS treibt das 718er-Blech in 4,7 Sekunden auf Hundert, und er würde weiterbrettern bis 275 km/h, so er denn dürfte. Die Ergonomie im Cockpit ist ausgezeichnet - zwischen Lenkrad, Fahrersitz und PDK-Hebel fühlt man sich regelrecht eingegossen. Dass in Mittelposition kein Sechszylinder-Sauger mehr schreit, mag den Neunelfer-Fetischisten ernüchtern. Den typischen Boxer-Sound lässt aber auch der Vierzylinder nicht missen. Und falls man Cayman, aber unbedingt Sechszylinder will: Gibt's im 718 GT4 oder im 718 Cayman GT4 R.S. Letzterer hat sein Herz aus dem 911 GT3.
Optimal für enge Bergstraßen, schon ab der Basisversion: Der Porsche 718 Cayman.
Porsche Macan GTS
Man kann freilich diskutieren, ob ein Macan in das Bild des klassischen Porsche passe. Fest steht: Neben dem Boxster, mit dem Wendelin Wiedeking in den 90ern den rettenden Karabiner in den Abhang bohrte, der sich vor der Marke auftat, hat auch die Fahrzeuggattung SUV den Zuffenhausenern neues Leben geschenkt. Mittlerweile verkauft Porsche mehr davon als flache Sportwagen - konkret 58,84 Prozent im Jahr 2022. Wenn man Porsche schätzt, sollte man auch den Macan schätzen. Vom Fahrersitz aus bietet er dafür Gründe genug. Unsere GTS-Version ist mit 440 PS und 550 Nm ausgerüstet, mit Porsche-typischer Bremse, mit Porsche-typischer Ergonomie, mit Porsche-typischer Sportlichkeit. Und mit dem Unterschied, dass man die Familie nicht zuhause lassen muss, wenn man am Wochenende mit dem Zuffenhausener ausreitet.
Wer einen sportlichen SUV sucht, kommt an einer Probefahrt mit dem Macan nicht vorbei. Hier als GTS mit 440 PS.
Porsche Panamera 4S e-Hybrid
Ebenfalls familien-, weniger gelände-, aber besonders reichweitentauglich: Der Porsche Panamera 4s e-Hybrid. Der wäre unsere gut 30-minütige Testrunde nämlich rein elektrisch gefahren. Dann würde man aber die 560 PS Systemleistung missen, die der Kombi - Verzeihung, der Sport Turismo - an alle vier Räder schickt. Also Drive Mode auf Sport und den 2,9 Liter-V6 zum Leben erwecken. Ganz uneigennützig, natürlich - ich wollte euch nur bestätigen, dass auch der längste aller Porsche knackig aus der Ecke wedelt. Mission accomplished. Neben einer für fünf-Meter-Autos außergewöhnlichen Agilität sticht der Panamera unter seinen Geschwistern vor allem durch mit Ruhe, Verarbeitungsqualität und allerlei Luxus hervor.
Sport Turismo nennt Porsche den 5,03 Meter Panamera mit Ladeabteil. Klingt auch besser als Kombinationskraftwagen.
Porsche Taycan 4S
Ein Porsche zeichnet sich durch seine Fahrdynamik aus. Und bevor wir jetzt nostalgisch eine Träne verdrücken: Das gilt auf für den elektrischen Porsche Taycan. Er ist das erste Elektro-Modell der Marke - wobei, nein, halt, das stimmt so nicht: Der erste Elektro-Porsche kam 1899 auf den Markt, nannte sich System-Lohner-Porsche und war mehr Kutsche als das, was wir heute Sportwagen nennen. Ihr seht also: Die Zeiten ändern sich auch zum Guten. Immerhin ist der Taycan das wohl agilste und standfesteste Elektroauto auf dem Markt. Dass der künstliche Porsche Iconic Sound einen Sechszylinder-Sauger nicht ersetzt, ist natürlich klar. Als Entschädigung gibt es bis zu 571 Elektro-PS, die einem vermögen sämtliche Gehirnwindungen in die Länge zu ziehen.
Volllast in Lichtgeschwindigkeit. Kein Wunder also, dass sich im Taycan die Gesichtsbremse aktiviert.
Porsche 911 Turbo S
Mein Erstkontakt mit einem 911 Turbo S liegt bald zehn Jahre zurück. Modellreihe 991, damals noch junger Motorjournalist. Und jung heißt natürlich: Launch Control probieren. Meinen Beifahrer hab' ich davor brav instruiert: "Leg' den Kopf an die Nackenstütze und halt' dich fest, sonst fliegst du durch die Heckscheibe dem dahinter ins Auto." Er war zu cool - und cool war auch das Kühlbag für das Peitschenschlag-Syndrom. Heute schickt der Turbo S mit 650 Pferden noch einen ganzen Stall mehr durchs Getriebe, was in Längsdynamik übersetzt konkret folgendes bedeutet: Du scheißt dich an. Wenn ein Allrad-Auto im dritten Gang noch das PSM erleuchtet, dann bist du froh, dass du zu feig warst, selbiges ins Aus zu knipsen. Eine andere Sache, mit der der Turbo S überrascht: Lässt man die Finger von Sportmodus und Sportauspuff, ist er ein komfortabler, ruhiger Alltagsbegleiter. Für alle, die das unter Umständen auch interessiert.
Der 911 Turbo S: 650 Pferde für ein Peitschenschlagsyndrom.
Porsche 911 GT3 R.S.
Die Disziplin Alltagstauglichkeit ist damit für heute beendet. Wir schreiten zum letzten Akt des Tages, und der hört auf den Namen GT3 R.S. Die Phrase Rennwagen für die Straße ist ja hinlänglich ausgelutscht, aber bei diesem Auto lässt die Semantik keine andere Wahl. Man kann das Differenzial verstellen, die Traktionskontrolle verstellen, den Spoiler verstellen - sogar die Zug- und die Druckstufe des Fahrwerks kann man verstellen, falls man sich zutraut, diese Variablen zum Besseren zu ändern. In einen GT3 R.S. einzusteigen und auf die Straße abzubiegen, fühlt sich jedenfalls falsch an, ganz grundsätzlich falsch, und das nicht einmal, weil unser Exemplar rund 415.000 Euro kostet. Es ist die permanente Unterforderung, die einen auf der Straße umgibt. Zu enge Kurven existieren auf diesem Planenten nicht - mit Landstraßentempo fliegt man einhändig durch jede Haarnadel durch. Bis die Aerodynamik zu arbeiten beginnt, ist man weit im Kriminal. So weit im Kriminal, dass man nicht nur ohne Führerschein, sondern als Streifenhörnchen im örtlichen Häfen endet. Warum man einen GT3 R.S. trotzdem ab und an unter Leute bringen sollte: Er löst Begeisterung aus wie kaum ein anderes Auto. Vom Salzburgring hinaus zur Landstraße haben sie uns eingeklatscht, angeschrien und zugejubelt. Das muss man ihm erst einmal nachmachen, in einem Ort, der neben einer Rennstrecke liegt.
Deutlich unter sieben Minuten. Nicht für das Einsteigen, sondern auf dem Nürburgring. Dort ist der 2023er GT3 R.S. ist in 6:49:328 Minuten durch.
Zugabe: Hotlap im Porsche 911 GT3 R.S.
Weil ein Porsche GT3 R.S. sein Potenzial im Straßenverkehr nicht darlegen kann, hielt Porsche Österreich noch eine kleine Demo parat: Ein Hotlap auf dem Salzburgring mit professionellem Instruktor. Da unsere Testfahrten zeitglich mit einem Kundenevent stattfanden und auch die in den Genuss des bodennahen Fliegens kommen sollten, hatten unser "Taxi" schon ein einige heiße Runden auf der Uhr. Gemerkt hat man davon nichts. Der Bremspunkt, den mein Fahrer für würdig auserkor, war meinem Magen etwa 100 Meter zu spät. Einen Abflug haben wir trotzdem nicht gemacht. Der GT3 R.S. ist in vielen Aspekten sehr nahe an einem - es geht nicht anders - Rennwagen. Die Kurvengeschwindigkeiten, die Bremse, der mechanische Grip, die Standfestigkeit, die 9.000 Umdrehungen aus dem Vierliter-Boxer - all das macht ihn zur Benchmark für Sportwagen, die Kennzeichen tragen. Oder anders gesagt: Fahrdynamik, die man sonst nur beim Träumen erreicht.
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