Porsche Doppel E Strategie: Können eFuels den Sportwagen retten?
Mit der Doppel E Strategie plädiert Porsche für ein Zusammenspiel aus Elektroantrieben und eFuel-Treibstoffen, um das Ziel der emissionsfreien Mobilität zu erreichen. Wir haben nachgefragt, warum das nötig ist und wie es in der Praxis funktioniert.
Text: Patrick Aulehla | Fotos: Oliver Hirtenfelder, Porsche
Man kann Porsche nicht vorwerfen, auf einen Zug aufzuspringen, nur weil Schlagzeile drauf steht. Zwar machen die synthetischen Kraftstoffe namens eFuels aktuell Schlagzeilen - Verbrenner-Aus wackelt, E-Mobilität schwächelt - die Stuttgarter haben sich aber nicht erst gestern in dieses Thema verbissen. Im Rahmen einer den eFuels gewidmeten Presseveranstaltung erfahren wir, dass Porsche bereits seit dem Jahr 2020 mit dem Treibstoff aus Strom liebäugelt, 2022 wurde die erste Produktionsanlage "Haru Oni" in Punta Arenas in Chile aktiviert. Man hat, wie man so schön sagt, Nägel mit Köpfen gemacht. Von anfänglich 130.000 Liter soll deren Kapazität schrittweise auf 55 Millionen Liter (ab 2025) und bis 2030 auf 500 Millionen Liter pro Jahr gesteigert werden. Das genügt freilich nicht, um den weltweiten Treibstoffbedarf zu decken (der summiert sich allein im Sektor Fahrzeuge auf weltweit etwa vier Milliarden Liter pro Tag). Vielmehr geht es darum, den Herstellungsprozess effizienter zu gestalten, Kapazitäten auszuloten, Möglichkeiten zu testen. Bis zur Serienreife ist es noch ein langer Weg, das sagt uns auch Porsche selbst.
Gleichzeitig betont Karl Dums, Teamleiter eFuels bei Porsche, dass synthetische Kraftstoffe die Elektromobilität nicht ersetzen, sondern ergänzen sollen. Maßgeblich ist nicht, einen Ansatz gegen den anderen auszuspielen, sondern synergetische Lösungswege für das Ziel emissionsfreie Mobilität zu finden. Für die Stuttgarter ist das einerseits die batterieelektrische Mobilität. Und andererseits die Ökologisierung zukünftiger Verbrenner und des Fahrzeugbestands. Es ist nämlich so: Weltweit gibt es etwa 1,5 Milliarden Verbrenner-Fahrzeuge, die so schnell nicht von der Bildfläche verschwinden werden. Will man die Individualmobilität also ernsthaft begrünen, dann braucht es vor allem dafür eine Lösung.
Karl Dums ist Teamleiter für eFuels bei Porsche. Für ihn ist es "durchaus möglich, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen."
Wie werden eFuels hergestellt?
Während die Funktionsweise von Elektroautos mittlerweile mehr oder weniger klar ist, betreten wir mit synthetischen Kraftstoffen ein relativ neues Terrain. Ganz kurz umrissen sieht deren Herstellungsprozess wie folgt aus: Um eFuels zu erzeugen, benötigt man Wasserstoff und Kohlendioxid (CO2). Der Wasserstoff wird durch Elektrolyse gewonnen, die benötigte Energie stammt idealerweise aus erneuerbaren Quellen. Anschließend wird der Wasserstoff mit Kohlendioxid kombiniert, das entweder aus der Atmosphäre "abgesaugt" oder aus industriellen Prozessen gewonnen wird. Das Ergebnis ist ein synthetischer Kraftstoff, der ohne Veränderungen an bestehenden Motoren oder bestehender Infrastruktur genutzt werden kann. Das ist ein großes Plus.
Für die Herstellung von eFuels wird CO2 benötigt. Im besten Fall genau so viel, wie durch den Auspuff später wieder ausgestoßen wird.
Die eFuels-Kennzahlen: Schadstoffausstoß, Energiebedarf und zu erwartende Preise
Es gilt allerdings drei Faktoren zu berücksichtigen. Erstens: Auch ein mit eFuels betriebener Verbrennungsmotor bläst durch den Auspuff Schadstoffe in die Luft. Als klimaneutral kann er nur deshalb bezeichnet werden, weil das ausgestoßene CO2 zuvor in der Produktion gebunden wird. Die Feinstaubbelastung in Städten zum Beispiel können synthetische Kraftstoffe allerdings nicht bekämpfen.
Zweitens: Für die Herstellung von eFuels werden enorme Mengen an Energie benötigt. Während ein Liter Benzin etwa 1,5 bis 2,5 Kilowattstunden Energie bindet, sind es bei eFuels rund 20 bis 30 Kilowattstunden. Rechnet man diese Differenz auf den täglichen Treibstoffverbrauch von vier Milliarden Liter auf, ergibt sich ein derart hoher Mehrverbrauch, dass damit rund 460 bis 730 Millionen Elektroautos täglich jeweils 100 Kilometer fahren könnten (bei einem Verbrauch von 15 kWh/100 Kilometer).
Und drittens: eFuels sind teuer. Selbst, wenn sie in industriellem Maßstab, also in ähnlichen Mengen wie Benzin oder Diesel hergestellt würden, würde ihr Preis deutlich über dem fossiler Kraftstoffen liegen. Während ein Liter Benzin vor Steuern etwa 0,40 bis 0,50 Euro kostet, rechnen Branchenexperten für industriell hergestellte eFuels mit Preisen von ein bis zwei Euro pro Liter.
eFuels Praxistauglichkeit: Man merkt, dass man nichts merkt
Neben vielen Rahmenbedingungen muss eine weitere, ganz wesentliche Frage geklärt werden: Wie fahren Autos mit eFuels überhaupt? Dafür hat Porsche uns Pressevertretern eine ganze Flotte neuer Panamera vor die Füße gestellt, die ausschließlich mit eFuels betankt wurden. Damit fahren wir nicht etwa eine Runde um den Block, sondern von Salzburg nach Vorarlberg und wieder zurück. Und weil Porsche nicht nur die Doppel E Strategie, sondern auch 50 Jahre Zwangsbeatmung feiert, erwarten uns in Vorarlberg als Draufgabe vier historische Turbo Modelle - ebenfalls alle mit eFuels betankt. Es scheint, als wäre Porsche sich dieser Sache sehr sicher.
Keine Einbußen bei Leistung und Verbrauch: Der Porsche Panamera 4S E-Hybrid läuft tadellos - auf der deutschen Autobahn sogar 290 km/h schnell.
Was man nach den ersten Metern im Panamera 4S E-Hybrid auffällt, ist, dass gar nichts auffällt. Er springt an, wie er anspringen soll, er fährt, wie er fahren soll, und er läuft auf der Deutschen Autobahn die 290 Sachen, die er laufen soll. Dass das Erlebnis Fahren sehr geschmeidig von der Hand geht, liegt weniger an den eFuels als am Panamera selbst - die 544 PS und 750 Newtonmeter sind über jeden Zweifel erhaben, das neue Active Ride Fahrwerk ist auf langen Strecken ein Genuss. Wer möchte, kann mit dem Plug-In-Hybriden außerdem bis zu 91 Kilometer rein elektrisch fahren, was uns des teuren Treibstoffs wegen besonders erfreut.
Ebenfalls erfreut sind wir über die vier historischen Turbos in Lech. Vor dem Hotel Burg stehen ein 930 Cabrio, ein 996 Turbo S, ein 991 Turbo S und ein 992 Turbo S Spalier, die wir eine Bergstraße hinauf und hinter treiben dürfen. Mit angezogener Handbremse allerdings - es regnet und das Thermometer zeigt nicht mehr als sieben Grad. Das ist einerseits schade, andererseits interessant: Gerade bei kalten Temperaturen spielt die Qualität des Treibstoffs eine große Rolle. Auch hier zeigt sich: Die eFuels machen ihre Sache wunderbar. Sogar der 930, Baujahr 1982, springt ohne Murren an, läuft im Leerlauf sauber und genauso das Drehzahlband hinauf. Dass sich zum Thema Leistung keine konkreten Erfahrungen berichten lassen, sei mir aufgrund des schlechten Wetters und des Heckantriebs bitte verziehen.
Ein Porsche Turbo bleibt auch mit eFuels im Tank ein Porsche Turbo. Hier als 996 Turbo S und als 930 3,3 Liter Cabrio.
Was bereits passt, und wo es noch hakt
Zusammengefasst ergibt sich folgendes Bild: Obwohl sich derzeit noch kein großflächiger Einsatz von eFuels absehen lässt, beruhigt Porsche mit der Doppel E Strategie doch unser Gewissen. Der Beweis, dass sowohl neue als auch alte Fahrzeuge problemlos mit synthetischen Kraftstoffen laufen, ist angetreten. Das funktioniert sogar im Rennsport: Seit 2024 fahren die 911 GT3 Cup Fahrzeuge im Mobile 1 Supercup mit eFuels, rund 50.000 Liter werden von den 32 Cup-Fahrzeugen innerhalb einer Saison verbrannt.
Für die Zukunft gilt es, die Produktionsmengen zu steigern und die Preise zu senken. Und den gesetzlichen Rahmen zu schaffen. Derzeit dürfen eFuels nicht in die Europäische Union importiert werden, weshalb es die Behörden selbst sind, die die Ökologisierung des Verbrennungsmotors verhindern. Hier muss auf EU-Ebene dringend umgedacht werden - nicht nur im Interesse der Kolben und Zylinder, sondern für ernsthaft grüne Lösungen für den Fahrzeugbestand.
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