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AutorenbildPatrick Aulehla

Renault Megane E-Tech Electric: Hot Hetch


Der Renault CEO Luca de Meo hat einmal gesagt, der Megane E-Tech Electric wäre der GTI unter den Elektro-Kompakten. Say what?



Text: Patrick Aulehla | Fotos: Oliver Hirtenfelder
 

Warum ich ausgerechnet die Kalte Kuchl als Location auswählen musste, ausgerechnet im Februar, und ausgerechnet für einen Kompaktwagen, einen elektrischen, fragt mich Oliver noch mit gedämpfter Mine, bevor er samt Kameraequipment aus unserem Renault Megane E-Tech Electric gleitet. Der Parkplatz vor Niederösterreichs Motorrad-Mekka ist tiefgefroren, von der Seite peitscht der Schneeregen ans Fenster.


Dass die Verantwortung dafür Renault Chef Luca de Meo trage, will mir Oliver nicht so recht glauben, aber Standheizung und Massagesitze hin oder her: es stimmt. Er war es nämlich, der uns bei der Präsentation des Megane E-Tech versicherte, wir stünden hier vor dem neuen GTI, vor dem Hot Hatch unter den Elektro-Kompakten. Dieses Statement ist gleich doppelt spannend, weil der Megane ja erstens ein Renault und kein Volkswagen, und zweitens ein Standardmodell ohne Zusatzbezeichnung ist. Ein ganz normaler Normalo-Megane, ohne R.S.-, Alpine Edition- oder sonst einem Emblem.




Die (von außen sehr) Kalte Kuchl (für Oliver hauptsächlich).


Mit diesem Trick zum Wohlfühlgewicht

Warum sich der Renault-Chef diesen Sager trotzdem zutraut, hat dem Konzern zufolge mit Agilität zu tun. Der Megane E-Tech Electric bringt in der Basis 1.595 Kilogramm auf die Waage, knapp 1.700 sind es in unserer EV60 220 Iconic Version. Das ist nicht nichts, schon klar. Allerdings sind in elektrischen Sphären 2.000 Kilo die neuen 1.000, insofern ist der Megane ein Vorzeigeathlet. Die Batterien der Elektroautos sind schwer, je nach Bauweise zwischen 300 und 700 Kilogramm schwer - zusätzlich zu dem, was wir als Fahrzeug kennen. Dieses Gewicht woanders einzusparen, ist vielleicht nicht unmöglich, aber sicherlich eines: richtig, richtig teuer. Also werden dem Motor per Knopfdruck mehr Kilowatt spendiert, um das aus den Fugen geratene Leistungsgewicht wieder einzurenken. Mit dem Nebeneffekt, dass man in der Garage zwar super auf Hundert beschleunigt, wenn man das Spaßpedal mit der Bremse verwechselt, beim Kurvenfahren aber bald einmal hinterher schauen muss.





Der Megane macht dahingehend vieles anders. Er isst sich dank überschaubar großer Batterie kaum Gold an die Hüften, schickt mit 220 PS nicht zu viel Kraft an die Räder und gibt uns das Gefühl, selbst mit einem Auto zu fahren. Man kann ihn auskosten und aus der Kurve heraus auch einmal Volldampf geben, aber ohne dieses brachiale Überforderungsgefühl. Fahrwerk und Antrieb arbeiten zusammen und nicht gegeneinander, weshalb wir nicht nur flott, sondern auch leichtfüßig durch die Gutensteiner Alpen fliegen. Wahrscheinlich war es das, was Luca de Meo meinte. Natürlich nicht, dass der Megane mit einem GTI konkurriere. Aber die Idee geht mit in die Generation ohne Injektion.


Flott konzentriert oder entspannt und massiert

Dass man den sich an der Ampel vordrängenden SUV auch im Megane versaugt, ist übrigens Ehrensache. 7,4 Sekunden vergehen von Null auf Hundert, bis 50 ist's gefühlt ein Wimpernschlag. Ein ruhiger Wimpernschlag, und das ist für Schnellstartambitionen besonders super. Während sich der Verbrenner akustisch nämlich bekennen müsste zum ernstgemeinten Kavalierstartversuch, lassen wir einfach den Fuß drauf fallen. Und wer bekennt sich schon, als Sportwagenfahrer, wegen einem Elektro-Megane?


Oder sie ist einem völlig wurscht, diese kindliche "Erster"-Geschichte. Der Megane hat nämlich auch entschleunigten Charakteren viel zu bieten. Einen ganzen Haufen Assistenzsysteme zum Beispiel – vom Stauassistenten über einen Querverkehrswarner bis zum digitalen Innenspiegel. Ein wirklich feines Harman Kardon Audiosystem, das den Discosound bis unter die Fingernägel drückt. Oder sehr viel Platz im Innen- und im Kofferraum, unzählige Ablagen inklusive. Und: Das Google-basierte Android Automotive OS Betriebssystem. Das ist ein Gedicht, besonders für die Routenplanung. Es berechnet die zur Verfügung stehende Reichweite auf Basis von Fahrdaten, ist dabei also sehr realistisch, und plant selbstständig erforderliche Ladestopps ein. Außerdem hat man die Möglichkeit, bestimmte Energieanbieter voreinzustellen, um nicht auf Reserve vor einem „fremden“ Ladepunkt zu landen. Früher hat man dafür 37 Apps gebraucht – geht jetzt völlig automatisch, nachdenkfrei.




Das Innenraumdesign finden wir sehr gelungen. Die Kombination aus weißem Leder, braunem Holzdekor und schwarzem Rest ist dem persönlichen Geschmack überlassen.


Das für viele wichtigste Thema haken wir zum Schluss auch noch schnell ab: So man nicht wie wir die Kalte Kuchl hinauf- und hinunterbügelt, wird man mit der Reichweite des Megane sein Auslagen finden. Knappe 300 Kilometer haben wir im zwei-Wochen-Schnitt aus dem 60 kWh-Akku geholt – bei ungünstiger Witterung und rücksichtlosem Fahren (auf die Ausdauer, nicht auf andere Verkehrsteilnehmer bezogen). Auch im Sommer würden wir die 470 Kilometer WLTP-Angabe nicht knacken, aber das hat in unserem Fall nicht zwangsläufig einen technischen Grund. Aus dem DC-Lader fließen 130 Kilowatt in den Megane. Anders ausgedrückt: 300 Kilometer Reichweite in 30 Minuten. Da kann man sich die eine oder andere Kurve schon erlauben.




Wir haben uns jede Kurve erlaubt und sind trotzdem weit gekommen. Das können Sie uns glauben, auch wenn es hier geradeaus geht.

 

Renault Megane E-Tech Electric EV60 220 HP Iconic: Technische Daten, Österreich-Preis, Reichweite, Ladegeschwindigkeit:


Testwagenpreis: € 55.620 (Basisversion: € 40.800 Euro)

Bestellbar: Ab sofort (Konfigurator)

Leistung: 160 kW/218 PS

0-100 km/h: 7,4 sek.

Vmax: 160 km/h


Leergewicht: 1.706 Kilogramm

Kofferraum: 389-1.332 l

Länge/Breite o.S./Höhe: 4.200/1.768/1.505 mm

Verbrauch (WLTP): 16,1 k/wh/100 km

Reichweite (WLTP): 470 km

Ladung: 22 kW AC (0-100%: 3h15) | 130 kW DC (0-100%: 75 min bzw. 300 km in 30 min)



Ganz schnell: Der Renault Megane E-Tech Electric ist ein durchwegs durchdachtes, fesches Elektroauto. Seine bescheidenen Batteriegrößen von 40 bzw. 60 kWh bedeuten weniger Gewicht, weniger CO2-Emissionen und weniger Rohstoffeinsatz. Und, vielleicht genauso wichtig: Mehr Fahrspaß. Der Megane schneidet agil durch die Kurven, nimmt Richtungswechsel leichtfüßig hin und überzeugt auch längsdynamisch mit 7,3 Sekunden auf Hundert (EV60). Eine Praxisreichweite von 300 Kilometern ist gesetzt – Tendenz steigend, wenn Witterung und Fahrstil stimmen. Obendrauf gibt es Google Infotainment höchster Güte, samt watscheneinfacher Navigation inklusive Ladestopp-Planung und etlichen Apps aus dem Online-Playstore. Nur günstiger ist er nicht – wie eh noch kein anderes Elektroauto.


 


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