top of page
AutorenbildPatrick Aulehla

Toyota Proace Verso Electric Test: Platz zum Verweilen


Klar: Ein Elektro-Bus ist kein Ausdauersportler. Zu hoher Luftwiderstand, zu hohes Gewicht, zu hohe Zuladung. Der Toyota Proace Verso Electric kann aber andere Sachen, die ein Verbrenner nicht kann.



Text: Patrick Aulehla | Fotos: Oliver Hirtenfelder
 

Machen wir kein Geheimnis daraus: Große Sprünge wird man mit einem Elektrobus konzeptbedingt nicht hüpfen. Da ist der Toyota Proace Verso Electric keine Ausnahme. Seine 75 kWh Batterie hat nicht nur mit knapp 2,2 Tonnen Gewicht zu kämpfen, sie muss auch eine Schultafel-Front durch den Fahrtwind drücken. Zwei Variablen, die speziell bei höheren Geschwindigkeiten an der Reichweite sägen, wobei man dahingehend auch anmerken kann: Strafzettel fängt man sich auf der Autobahn keinen ein. Bei 130 km/h ist Schluss mit Vortrieb, der Batterie und dem 100 kW Elektromotor wegen. Soviel dazu.


Man kann die Sache aber auch pragmatisch sehen. Nicht jeder fährt täglich von Wien nach Berlin, und wer mit den rund 250 Kilometern, die wir im Proace zusammenbekommen haben, im Alltag sein Auslangen findet, profitiert von einigen Vorteilen, die einem nur der Elektroantrieb bietet.


Erstens: Bei Spitzentemperaturen.

Das mag Sie überraschen, weil speziell Kälte für das Elektroauto ein Mühsal ist, aber es stimmt. Zwar leidet die Reichweite unter tiefen Temperaturen, viele andere Dinge funktionieren dafür schneller und besser. Das Starten, die Klimaanlage und das Scheibe abtauen, zum Beispiel. Während sich ein Verbrenner nämlich mühsam auf Betriebstemperatur nagelt und die Kinder zwischenzeitlich ans Leder gefrieren, ist der elektrische Proace gleich nach dem Starten bereit.



Toyota Proace Verso Electric Test

Kein Zögern: Die Klimaanlage kühlt und heizt sofort nach dem Start.


Zweitens: Beim Warten.

Wir wollen hier keine Klischees bedienen, deswegen formulieren wir das Folgende geschlechterneutral: Wenn Partner A sich beim Einkaufen im Schuhgeschäft verirrt, muss Partner B nicht länger in der Wechselzone warten. Reist man nämlich mit dem Proace Electric an, kann man sich auf die Rückbank knotzen und die Wartezeit mit FastForward-Artikel lesen, Podcast hören, fernsehen oder arbeiten überbrücken. Auch dann, wenn die Temperaturen ungemütlich sind - mangels Abgasen und Lärm merkt man nämlich nicht, wenn der Elektromotor läuft. So nutzt man Klimaanlage, Sitzheizung und Radio uneingeschränkt weiter. Außerdem sind viele Einkaufszentren nicht zufällig mit Ladestation versehen, was uns gleich zum nächsten Pluspunkt führt: Dem Laden.



Toyota Proace Verso Electric: Elektrobus mit 9-Sitzer Option

Wie der Titel schon sagt: Platz zum Verweilen, für Mensch genauso wie für das Ladegut


Drittens: Beim Laden.

Hand aufs Herz: Tanken ist dem Laden ja nur durch Schnelligkeit überlegen. Alles andere ist bei genauer Betrachtung weniger charmant. Das extra zur Tankstelle fahren. Der Geruch. Der Schmutz. Die höheren Kosten. Die Möglichkeit, den falschen Zapfhahn zu erwischen. Mit dem Proace Electric kann man sich all das sparen. Man lässt den Strom ganz einfach zuhause, oder an einem der rund 15.000 öffentlichen Ladepunkte in Österreich ins Auto fließen. Solche Ladepunkte gibt es bei immer mehr Geschäften, Restaurants oder Parkhäusern, um das Laden nahtlos in den Alltag zu integrieren.



Toyota Proace Verso Electric Ladezeit

Sofern man in der Lage ist, das Fahrzeug korrekt anzustecken, kann man seinen Proace an rund 15.000 öffentlichen Ladepunkten laden. Oder, besonders komfortabel: Zuhause.


Viertens: Im Alltag

Klar: An dem Reichweiten-Thema kommt man nicht vorbei. Fährt man häufig lange Strecken, wird man mit 200 Kilometern Aktionsradius, die uns der Proace ermöglicht hat, nicht glücklich werden. Zwar kann er mit 100 Kilowatt laden und die Stromnadel so in 38 Minuten von 10 auch 80 Prozent hochdrehen. Von Wien bis Innsbruck wird man aber zumindest dreimal zur halbstündigen Pause gezwungen, und so viel Entspannung muss es dann doch nicht sein. Auf der Kurzstrecke kann der Proace aber seine Stärken ausspielen: Kräftige Beschleunigung aus dem Stand, kein Warmfahren, kein Lärm, keine Abgase. Außerdem sind Elektromotoren wartungsarm - man muss sich weder um Öl noch um Kühlflüssigkeit sorgen, keine Zündkerzen wechseln, keine Ad-Blue-Tanks füllen, keine Zahnriemen, Pumpen oder Filter tauschen.



Toyota Proace Verso Electric: Elektrobus mit 9-Sitzer Option

Kaum wartungsbedürftig, unkompliziert in der Handhabung, starke Leistung: Die Kernkompetenzen des Elektromotors.


Fünftens: Der Platz

Das fünfte Argument, das für den Proace spricht, ist sein Platzangebot. Hinter der dritten Sitzreihe lassen sich 550 Liter verladen, 1.600 Liter sind es hinter der zweiten Sitzreihe. Die maximale Laderaumlänge bei umgelegtem Beifahrersitz beträgt 3,16 Meter - und das sind die Werte der kurzen Version. Bei langem Radstand passen 980 Liter hinter die dritte Reihe, 2.000 hinter die zweite Reihe, und 3,51 Meter lange Gegenstände ins Auto. Ihre Kinder wollen Surfen lernen oder Kontrabass spielen? Der Proace wird ihnen das nicht verwehren.



Toyota Proace Verso Electric: Elektrobus mit 9-Sitzer Option

Hinter der zweiten Reihe finden bis zu 2.000 Liter Schuhkartons Platz.


Reicht das?

Natürlich muss sich der Elektro-Proace die Frage gefallen lassen, ob diese fünf Punkte den Reichweiten-Nachteil relativieren. Fakt ist: Eine gute Portion Enthusiasmus für das Stromen sollte man mitbringen. Rund 250 Kilometer Realreichweite ohne Zuladung und unter homöopathischer Verwendung von Autobahnen können den Wochenend-Ausflug zur Geduldsprobe machen. Das gilt es auch dann zu bedenken, wenn man hauptsächlich Kurzstrecken fährt. Zudem ist der Proace Elektro mit einem Brutto-Listenpreis ab 59.990 Euro mit kleiner 50 kWh-Batterie kein Schnäppchen. Unser Testfahrzeug mit 75 kWh-Batterie und guter Ausstattung schlägt gar mit 72.000 Euro zu Buche. Deutlich günstiger und reichweitenstärker: Die Diesel-Varianten des Proace Verso. Die gibt es zu Preisen ab 50.990 Euro und mit einigen Hundert Kilometern Reichweite. Allerdings im Tank.


 

Toyota Proace Verso Electric


Testwagenpreis: € 72.470 brutto (Basispreis: € 59.990)

Bestellbar: Ab sofort. (Konfigurator)

Maximale Leistung: 100 kW/136 PS

0-100 km/h: 13,3 sek.

Vmax: 130 km/h


Leergewicht: 1.894-2.466 kg

Kofferraum: 550-2.000 Liter

Länge/Breite o.S./Höhe: 4.959/1.920/1.899 mm

Batteriekapazität: 50-75 kWh

Verbrauch (WLTP): 26,8-27,9 kWh/100 km

Reichweite (WLTP): 220-315 km

Ladung: 11 kW AC (0-100%: 4h45) | 100 kW DC (0-80%: 48 min)


Ganz schnell: Der Toyota Proace Verso Electric ist ein vielseitiger Begleiter, der vor allem durch seinen variablen Innenraum und sein großzügiges Platzangebot auffällt. In der Elektro-Version stehen zwei Batteriegrößen - 50 kWh und 75 kWh - zur Auswahl. Wir raten definitiv zur 75 kWh-Variante, da die Reichweite ansonsten zu gering ausfällt. Besonders kühle Temperaturen und Autobahnen sägen am Aktionsradius des Proace Electric, der zumindest 59.990 Euro kostet (Brutto-Listenpreis Basisvariante). Wer Ladefähigkeiten und Ausdauer sucht, der greift besser zur Dieselvariante.

Ähnliche Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page